Wie ich loslassen lernen konnte

In den vergangenen drei Jahren meines jungen Lebens durfte ich viel lernen. Unter anderem Veränderungen anzunehmen und Dinge loszulassen. Das Wort Loslassen hatte ganz ehrlich gesagt sehr lange Zeit gar keine richtige Bedeutung für mich. Mir war klar, dass ich in letzter Konsequenz die Entscheidung gegen etwas treffen konnte. Die Emotionen und Überzeugungen die ich damit verband waren: Warum immer ich? Warum passiert gerade mir das alles? Was habe ich Schlimmes getan, um all das ertragen zu müssen? Dann schaffte ich alles aus meinem Leben, was partout nicht mehr auszuhalten war und der Prozess war damit abgeschlossen. Dass Loslassen aber auch eine bewusste Entscheidung für mich selbst ist, dämmerte mir erst später.

Du kannst bewusst entscheiden,
was gut und was schlecht für dich ist.

Was deiner Entwicklung nicht förderlich ist,
das solltest du loslassen.

Ganz egal, was es ist. Ein Job, der dir den letzten Nerv raubt, Freunde, die sich in einer endlosen Spirale der negativen Weltansicht befinden, ein Ehepartner bei dem dir schon die Haare zu Berge stehen, wenn du nur daran denkst, dass du mit diesem Menschen bis an dein Lebensende zusammen sein sollst, oder einfach die Klamotten in Größe 36 die seit 10 Jahren im Schrank hängen, weil du spätestens nächsten Sommer wieder reinpassen wirst.

 

Warum ist das Loslassen so schwierig für uns?

 

Wir haben Angst vor Verlust

 

Verlust deiner Identität

Es ist schwer, zu entscheiden, dass du bestimmte Dinge in deinem Leben nicht mehr haben willst.

Schließlich hast du sie dir im Vorfeld bewusst ausgesucht und zu einem Teil deines Lebens gemacht, weil sie dir auf irgendeine Weise entsprochen haben. Damit sind sie zu einem Teil deiner Identität geworden. Sie bringen etwas von dir zum Ausdruck. Wenn du diese Dinge nun aus deinem Leben entfernst, dann entfernst du damit doch auch ein Stück deiner Identität, die dadurch ausgedrückt wird.

Schwachsinn!!! So ist es nicht! Du bist doch nicht dein Auto, dein Job oder dein Etuikleid! Und du bist auch nicht deine Überzeugungen! All das sind Dinge, die dich ein Stück deines Weges begleitet haben und die in dem Moment auch wichtig für dich waren. Nun aber hast du dich verändert. Du hast dich weiter entwickelt und neue Blickwinkel gewonnen. Du bist als Mensch gewachsen. Und warum solltest du dich von deiner Kleidung daran hindern lassen, dein Leben zu verbessern?!

 

Verlust von Geld

Im Zusammenhang mit Geld fällt sehr oft auch das Wort Existenzangst. In Zeiten meines Lebens, in denen ich kein Geld mehr hatte, habe ich auch oft davon gesprochen meine Existenz verloren zu haben. Meine Existenz waren für mich die Dinge in die ich investiert, und das Leben, dass ich mir aufgebaut hatte. Genau betrachtet existierte ich selbstverständlich trotzdem weiter. Nur eben anders.

Im Nachhinein stelle ich fest, dass es genau diese Angst war, die mich oft gelähmt hat. Die mich lange Zeit daran gehindert hat zu kündigen, später unliebsame Kunden los zu werden oder mich scheiden zu lassen. Im Nachhinein kommt mir die Erkenntnis: Ich habe gelitten, um mich sicher zu fühlen. Sehr abstrus, nicht wahr?

Heute weiß ich, dass es weder dein Einkommen noch dein Besitz ist, der dir „Existenzsicherheit“ gibt, sondern du selbst. Weil du weißt, was du kannst und was du willst. Und weil du dir vertraust, dass du dazu in der Lage bist, auch dein Leben entsprechend zu führen. Du musst keiner Arbeit nachgehen, in der du jeden Tag leidest und die dich vielleicht sogar krank macht. Und du musst auch nicht mit Menschen zusammenleben die dir nicht guttun. Du selbst bist deine Existenzgrundlage. Sicherheit kommt von innen.

 

Verlust deines Ansehens

Wenn Menschen in Deutschland plötzlich einschneidende Entscheidungen treffen und sich verändern, dann verwundert das. Du bist gescheitert, du bist schlecht, du hast es nicht gepackt oder nicht ausgehalten, du bist schwach. Du warst einfach nicht gut genug. Du hast es nicht drauf. Punkt. Jetzt bist du ein Geächteter und kannst am besten gleich in einen anderen Teil des Landes umziehen um dich nicht täglich der Schmach auszusetzen die über dich hereinbricht. Na ja, es muss nicht gleich ganz so krass sein, aber du weißt, was ich damit sagen will. Du merkst es vielleicht schon, dieser Punkt trifft bei mir auf reichlich Emotion. Ich habe so oft in meinem Leben an mir gezweifelt, obwohl es faktisch keinen Grund dazu gab. Einfach nur, weil mir damals noch nicht klar war, dass ich niemals den richtigen Weg für mich finden werde, wenn ich mich von der Reaktion beeinflussen lasse, die andere Menschen auf mich und mein Verhalten haben.

Sollte dein Ansehen sehr wichtig für dich sein, dann stell dir doch mal folgende Frage:

Will ich ein Leben führen, das auch andere Menschen verstehen,
nur damit sie nett zu mir sind?

Oder will ich lieber ein spannendes Leben, dass mir reichlich Erfahrungen bietet?

Die Menschen, die dich wirklich akzeptieren, respektieren und lieben, die werden auch nett zu dir sein, wenn du dich veränderst. Und sie werden dich unterstützen und sich für dich freuen.

Und damit komme ich auch schon zum nächsten Punkt:

 

Verlust deiner Beziehungen

Ja, es ist hart, festzustellen, dass es dir plötzlich überhaupt nichts mehr gibt, Zeit mit den Menschen zu verbringen, die einmal deine besten Freunde waren. Klammerst du dich zu sehr an sie, dann verschleuderst du unheimlich viel Energie. Vielleicht denkst du jetzt: Ja, aber ist es denn nicht unheimlich egoistisch, nur auf mich zu achten, ohne Rücksicht auf Verluste und die Gefühle und Bedürfnisse meiner Freunde, meiner Familie oder meines Partners?

Frag dich doch mal ganz ehrlich: Wenn ich mir ein fröhliches Leben vorstelle, passen diese Menschen dann da rein? Nicht in Form von: Ich könnte ihr Leben dadurch auch verbessern oder so, sondern würden sie dich inspirieren und dein Leben bereichern? Oder würden sie dich eher ausbremsen und runterziehen?

Wir treffen sehr viele Menschen in unserem Leben, und ich glaube daran, dass wir all diesen Menschen  auch aus einem bestimmten Grund begegnen. Wir gehen durch verschiedene Phasen und durch die begleiten uns verschiedene Menschen. Manche bleiben und manche bleiben nicht. So ist das nun mal.

Wenn du das akzeptierst, dann wirst du immer gute Reisebegleiter oder Lehrer in allen Phasen deines Lebens haben.

 

Angst vor dem Unbekannten

Wenn wir etwas anderes tun, dann wird etwas anderes passieren, als das, was wir schon einmal erlebt haben. Wir werden mit neuen Herausforderungen und Emotionen konfrontiert. Wir verlassen unsere geschützte Komfortzone, in der wir die Dinge gut handeln können und begeben uns in „Gefahr“. Für dieses Verhalten kannst du nichts. Ich finde die Theorie, dass das evolutionär bedingt ist sehr einleuchtend. Wir alle haben Höhlenmenschen als Vorfahren. Und die lebten in Höhlen. Da waren sie sicher vor Säbelzahntigern, den Naturgewalten und allem, was es sonst noch so an Gefährlichkeiten in dieser Zeitepoche gab. Nun gab es aber schon damals einige wenige Höhlenmenschen, die so mutig waren draußen rum zu laufen, Neues zu entdecken und Nahrung zu beschaffen. Da das damals ziemlich gefährlich war, sind diese mutigen Höhlenmenschen auch eher gestorben und haben sich darum nicht so zahlreich fortpflanzen können. Und so kommt es, dass wir zum Großteil von sicherheitsorientierten Vorfahren abstammen.

In der Zwischenzeit haben wir uns ja glücklicherweise weiter entwickelt und auch unsere Fähigkeit der Selbstreflektion etwas ausgebaut. Wir können einschätzen, ob die Wahrscheinlichkeit höher ist, den Säbelzahntiger zu erlegen, oder von ihm gefressen zu werden.

Es ist dein Selbstvertrauen, dass dich davon überzeugt, dass du den Gefahren außerhalb deiner Komfortzone gewachsen bist. Mit genügend Selbstvertrauen weißt du, dass du mit Hilfe deiner Fähigkeiten in der Lage bist, deinen persönlichen Säbelzahntiger zu erlegen.

Fazit: Dich selbst zu kennen und zu wissen was du willst, ermöglicht es dir,
die Dinge loszulassen, die nicht mehr in dein Leben passen.

Und jetzt das Wichtigste:

 

Was gewinnen wir, wenn wir loslassen?

 

Energie

Es kostet uns unendlich viel Kraft, Dinge zu tun oder zu sehen, die wir nicht mögen oder ein Leben zu führen dass uns nicht gefällt. Wenn du deine Energie in die Dinge stecken kannst, die dir wirklich wichtig sind, dann bist du im Flow und alles geht erstaunlich leicht.

Stell dir vor, du tust etwas, für das du ein besonderes Talent hast, ein Instrument spielen, etwas reparieren oder einen Text schreiben. Etwas, dass du eben gut kannst und das dir wichtig und sinnvoll erscheint und von dem andere sagen: „Ich bekomm das nicht so hin, selbst wenn ich mich wahnsinnig anstrenge.“ Wie fühlt es sich für dich an, wenn du diese Dinge tust? Einfach? Selbstverständlich?

Wenn du deine Energie primär auf die Dinge lenkst, die dir wichtig sind und die du gut kannst, dann wird dein Tatendrang immer größer werden. Du wirst Spaß haben, energiegeladen und zufrieden sein. Natürlich wird es immer Dinge im Leben geben, auf die du keine große Lust hast, die Steuererklärung ist für viele Menschen so eine Sache, oder der Wochenputz. Aber auch das wird dir leichter von der Hand gehen, wenn du deine Energie-Reserven noch nicht in einem falschen Job oder einer kräftezehrenden Beziehung verschleudert hast.

 

Platz für Neues

Und damit meine ich nicht nur den physischen Platz in deinem Kleiderschrank oder in deiner Behausung, sondern vor allem auch den Platz in dir. In deinem Hirn und in deiner Seele. Wenn du dich mit den Dingen aus deiner Vergangenheit umgibst, die nicht mehr in dein Leben passen, dann bleibst du sozusagen stecken. Diese Dinge blockieren dich und halten dich in der Vergangenheit fest. Wenn du Neues in dein Leben holen und etwas verändern möchtest, dann braucht das Neue Raum. Es lohnt sich also sehr, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und auszusortieren. Zugegeben, das ist kein leichtes Unterfangen, verbindest du doch mit all diesen Dingen Erinnerungen und Emotionen.

Das Kleid habe ich an einem herrlichen Sommertag am Meer getragen, mit diesem Menschen habe ich 10 Jahre meines Lebens verbracht, das war mein erstes Auto, das Geld dafür hab ich mir damals beim Kellnern verdient, ich komme mit meinem Chef nicht klar, aber immerhin hat es mir dieser Job ermöglicht, in eine andere Stadt zu ziehen… Ja, all diese Dinge haben dich auf deinem Weg ein Stück begleitet und auch dazu beigetragen, der zu werden der du heute bist. Doch du entwickelst dich weiter. Und auf jeder Etappe deines Lebens begleiten dich neue Dinge. Ist die Etappe zu Ende, dann kannst du diese Dinge gehen lassen und es kommen andere in dein Leben, die jetzt richtig für dich sind. So haben all die neuen Pläne und Ideen die Kapazität, die sie benötigen, um sich erfolgreich zu entwickeln.

 

Den Zauber des Anfangs

Wenn wir an Bestehendem festhalten und versuchen und quasi „nebenbei“ etwas Neues zu erschaffen, dann kommen wir nicht in den Genuss, diesen Zauber zu spüren. Im Gegenteil, wir werden unsere Veränderung wahrscheinlich eher als eine zusätzliche Belastung empfinden.

Den Unterschied habe ich persönlich erprobt, indem ich zuerst versuchte mein Coaching-Business parallel zu meiner Druckerei aufzubauen. Und was ist passiert? Ich war fix und fertig und mit den Nerven am Ende. Das ist jetzt nicht nur so dahin gesagt, ich hatte wirklich keine Kraft mehr. Keine Energie. Für nichts. An meinen freien Tagen bin ich nicht mal mehr aus dem Bett aufgestanden. Und die Druckerei hab ich letztendlich geschlossen. Eine schwere Entscheidung, aber die richtige.

Der Zauber des Anfangs motiviert uns und treibt uns an. Dieses Kribbeln im Bauch, wenn du weißt: Jetzt wird es ernst, jetzt geht es los! Ich habe mich dafür entschieden, und es ist richtig für mich. Ich investiere alle meine Ressourcen von Herzen gerne, um diese Sache in meinem Leben auf den Weg zu bringen.

Du steckst all deine frei Energie in diese Sache. Und sie wird dadurch nicht weniger! Nein, sie wird sich vermehren. Weil es dir Energie schenkt, das zu tun, was du wirklich willst. Tust du „nebenbei“ noch andere Sachen, die dich nicht so sehr begeistern, dann zapfen sie dir Energie ab.

Deine Vorhaben werden sich mit dem Rückenwind des Zaubers des Anfangs also wesentlich schneller und entspannter umsetzen lassen. Zumindest ich empfinde das aus ökonomischen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Gründen als äußerst sinnvoll.

 

Klarheit 

Wenn wir wirklich loslassen und wissen, was wir wollen, treffen wir eine klare Entscheidung gegen das Alte und für das Neue. Das schafft Klarheit und ebnet auch den Weg zu einer viel besseren Effektivität in der Umsetzung.

Jahrelang war ich davon überzeugt, es liege einfach an meiner Persönlichkeit, dass ich es als äußerst schwierig empfand, meinen Fokus auf ein bestimmtes Ziel zu lenken. Bin ich doch ein sehr vielinteressierter Mensch und wollte keine gute Chance verstreichen lassen neue Eindrücke und Ideen zu gewinnen. So habe ich mich verzettelt. Mein Hirn mit gefühlten 100 Baustellen auf Trab gehalten und es war eine Qual für mich, mich zwischendurch immer mal wieder auf meinen Fokus zu besinnen.

Das war, weil ich keine Klarheit hatte. Ich hatte kein Ziel, dass ich wirklich, wirklich erreichen wollte, ich habe mich an all die Dinge in meinem Leben geklammert, in die ich schon viel Zeit, Geld und Herz gesteckt hatte und wollte sie unbedingt mitnehmen in meine Zukunft. Heute weiß ich, dass das nicht geht. Und dass mich genau diese Einstellung daran gehindert hat, wirklich voranzukommen. Heute weiß ich, dass Loslassen zu Klarheit führt. Und dass es mir genau diese Klarheit ermöglicht, ganz leicht die richtigen Entscheidungen zu treffen.

All das Hadern und Abwägen von für und wider, das Vergleichen der unterschiedlichen Zustände und Ergebnisse. All das fällt weg. Du kannst dich klar und fokussiert den Aufgaben widmen, die dich zu dem Leben führen, dass du wirklich, wirklich haben willst.

Genau betrachtet denke ich, dass Klarheit sogar die tollste Sache ist, die das Loslassen mit sich bringt.

Ich freue mich, dass du diesen zugegebenermaßen sehr umfangreichen Artikel bis zu Ende gelesen hast!
Hat er dir Klarheit gebracht, oder eher neue Fragen aufgeworfen?
Hast du eigene „Loslass-Schlüsselerlebnisse“? Teile alles gerne mit mir in den Kommentaren!

Write a comment