Burnout Beratung

Die Vorteile des Burnouts

Auszubrennen, total fertig zu sein, den Alltag nur noch unter allergrößten Anstrengungen irgendwie überstehen zu können, ist ein Zustand, den wir per se als sehr negativ empfinden. Verständlich, denn angenehm ist das nicht, sich in solch einer Situation zu befinden. Geradezu ausweglos, keine Kraft mehr, um auch nur den kleinsten Hebel anzusetzen um eine Verbesserung zu bewirken. Die Energiereserven reichen oft gerade dazu aus, aufzustehen und sich das an Tätigkeit abzuringen, was eben unbedingt sein muss. 

 

Es scheint, als gäbe es keine Perspektive.

Kein positiver Lichtblick mehr, der uns motiviert weiter zu machen, weiter zu streben. Irgendwie ist da gar nichts mehr in uns, außer der Wunsch nach Ruhe. Selbst der Gedanke daran, etwas tun zu müssen, was uns Spaß macht, versetzt uns in Panik. Wie sollen wir entspannt etwas sinnloses tun, rein zu unserer Belustigung, wenn wir den Rest unserer alltäglichen Pflichten nicht mehr in der gewohnten Qualität verrichten können? Sollten wir die Zeit nicht lieber dafür nutzen, genau diese Qualität wieder zu steigern und uns um wichtigeres kümmern, als krampfhaft zu versuchen Spaß zu haben? Unsere verbliebene Energie lieber in Dinge investieren, die WIRKLICH wichtig und entscheidend sind?

 

Was ist WIRKLICH wichtig und entscheidend?

Genau das kann uns diese Situation vor Augen führen, wenn wir es zulassen. Denn es ist nicht so, dass wir in diesem Moment gestraft werden. Nein, wir leiden hier, um wieder wir selbst zu werden. Und gibt es ein schöneres Geschenk, dass uns das Leben machen könnte? 

Denn wenn wir uns ganz ehrlich fragen, dann wollen wir vielleicht gar keine 80 Stunden Woche, dann wollen wir vielleicht gar kein riesen Haus für unsere Familie, vielleicht wollen wir sogar weder das Haus, noch die Familie. Vielleicht wollen wir keinen Urlaub auf den Malediven, sondern einfach Camping am Meer. Vielleicht wollen wir gar keine Firma oder eine Andere. Vielleicht – Sehr wahrscheinlich sogar – wollen wir jetzt etwas ganz anderes als wir uns hier gestaltet haben. 

Rückwirkend betrachtet bin ich dankbar. Sehr dankbar. Für meine Burnouts, für all meine Schicksalsschläge und Verluste, für all die Phasen meines Lebens die mich gezwungen haben, meinen Blickwinkel zu verändern. Denn irgendwann, so habe ich festgestellt, geht man so weit in die Knie, dass man bereit ist, die Dinge anders zu sehen. Und da bietet sich dann ein unermessliches Potenzial für eine ganz neue Lebensqualität.

Denn – zumindest ich – bin nach jedem Schlag nicht mehr der selbe Mensch wie davor. Jetzt könnte man sagen, ich bin nicht mehr in der Lage, so viel zu leisten wie vorher, ich funktioniere nicht mehr, bin nicht mehr der krasse Checker, der alles im Griff hat und jede Arbeitsflut einfach und gelassen kompensieren kann. Doch konnte ich das jemals? Hat nicht einfach das Verdrängen und Übersehen meiner persönlichen Wahrheit über etliche Jahre etliche kleine Schneisen in mir hinterlassen, die sich irgendwann zu einem reißenden Strom entwickelt haben, der sich Bahn gebrochen und meine Emotionen mitsamt meiner Selbstbeherrschung und meiner körperlichen Vitalität mit sich gerissen hat?

 

Ich funktioniere nicht mehr wie vorher und werde es wohl auch nie mehr tun.

Ich glaube, wir können und dürfen weder uns selbst noch das Leben beherrschen, wenn wir wollen, dass es uns wirklich gut geht. Und wirklich gut geht es uns, wenn wir unsere innere Wahrheit leben, wenn wir unseren natürlichen Bedürfnissen entsprechen, wenn wir Freude und Liebe spüren können. Der Mensch an sich ist ja durchaus sehr anpassungsfähig, doch sind wir halt trotzdem keine Maschinen, die weder Schlaf noch Essen noch soziale Kontakte brauchen. Denn genau das ist es was wir brauchen und genau das macht uns als Mensch aus. 

 

Der größte Vorteil eines Burnouts ist daher meinem Empfinden nach, die Tatsache, dass wir lernen dürfen, wir selbst zu sein. Denn alles andere hält man auf Dauer wahrscheinlich nicht mehr aus.

 

Zugegebenermaßen ist das jetzt nicht gerade einfach in einer Situation in der man eigentlich gar nichts mehr will. Doch lässt du dich darauf ein und bist wirklich offen dafür, neue Wege und Möglichkeiten für dich zu finden, dich selbst wieder zu entdecken und eine Art Forschungsprojekt zu starten, dein wahres Selbst kennen zu lernen, dann können wahre Wunder passieren. 

Ich glaube, ganz wichtig ist es, sich keinen Stress zu machen. Sich wirklich auf sich selbst, seine Gefühle und Bedürfnisse einzulassen. Alles genau und ehrlich zu beobachten und entsprechend zu handeln. Mit hat es sehr geholfen, mir immer zu sagen: „Es ist alles perfekt.“ Mit jedem Menschen, der dich jetzt unter Druck setzt, lernst du Nein zu sagen. Mit jeder Situation, in der du dich wieder überforderst, lernst du deine Grenzen neu kennen, an jedem Tag, den du mit zu wenig Schlaf verbringst, kannst du die Auswirkungen aufmerksam beobachten. Das Leben liefert uns jetzt genau die Erfahrungen, die wir benötigen um das zu lernen, was wir wissen müssen, um wir selbst sein zu können. Es ist alles perfekt. Egal, wie lange es dauert oder wie schwer es uns manchmal erscheinen mag.

 

Was hilft bei Burnout?

Nachdem es mich das zweite Mal umgezwirbelt hatte, habe auch ich dann verstanden, dass es jetzt an der Zeit ist, radikal umzudenken und einiges zu verändern. Aus einiges wurde dann über die Jahre fast alles. Das Ergebnis meines persönlichen Forschungsprojekts zur Wiederaufnahme eines erfüllten Lebens ging fast zwei Jahre sehr intensiv und ist wohl niemals zu Ende. In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Von Ärzten und Beratern, von der Natur, vom Leben und vor allem von mir selbst. 

Die wichtigsten alltagstauglichen Entdeckungen für mich will ich hier gerne mit euch teilen:

Ernährung

Warst du lange Zeit dauergestresst im Kampf und Flucht Modus unterwegs, dann funktioniert die Cortisolproduktion der Nebennieren nicht mehr ganz einwandfrei. Das bedeutet, dass der Körper immer wieder vergewissert werden muss, dass er mit ausreichend Nahrung versorgt wird. So kann es sein, dass sich vielleicht sogar stündlich ein diffuses Hungergefühl einstellt. Es ist wichtig, das zu befriedigen, ansonsten fühlt es sich an, als hätte dir jemand den Stecker rausgezogen. Darum habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, für solche Fälle immer einen Apfel oder eine Banane dabei zu haben. Ganz einfach und ganz wirkungsvoll. 

Insgesamt ist Ernährung und vor allem auch die Qualität unserer Nahrungsmittel extrem wichtig, um unsere Energie zu erhalten. Regelmäßige hochwertige Mahlzeiten, in einer entspannten Atmosphäre eingenommen, wirken wahre Wunder in Bezug auf unsere Leistungsfähigkeit. 

 

Regeneration

Finde ich, ist die größte Herausforderung. Mir fiel es sehr schwer, mir zuzugestehen, mir Ruhe zu gönnen und diese dann auch wirklich zu genießen. Zu lange hatte ich gelernt und gelebt, dass Leistung zählt und ich Pause nur als Belohnung dafür bekomme. Jetzt gilt es zu lernen, dass es vollkommen ausreicht, einfach zu sein und sich schon dafür gut zu fühlen. Wenn man bedenkt, dass es auch eine riesen Leistung ist, vielleicht sogar die Größte, sich selber gut zu behandeln, dann fällt es – finde ich – wesentlich leichter, sich zu entspannen. Das schönste daran ist das Resultat daraus. Motivation und kreative Energie, die ich vorher schon lange nicht mehr so sehr spüren durfte.

Auch Schlaf ist hier ein ganz wichtiger Punkt. Es ist sehr spannend für mich, die Entwicklung meines Schlafverhaltens zu beobachten. Es ist ganz erstaunlich, wie sehr sich die Qualität meines Schlafes verbessert und sich die Zeit verkürzt, wenn ich mich an meinem natürlichen Rhythmus orientiere.

 

Umfeld

Bestimmtes menschliches Verhalten, der (von mir empfundene) Aufbau von Druck… Viele Situationen hatten gerade zu Beginn das Potenzial, mich aus der Ruhe zu bringen und alte Ängste wieder zu schüren. Doch alles ist perfekt und das sind jetzt die Chancen, die sich dir bieten, deine noch vorhandenen Überzeugungen, Glaubensmuster und destruktiven Verhaltensweise ganz genau unter die Lupe zu nehmen und dich von den Dingen und Menschen die dich runter ziehen zu verabschieden. 

Wichtig ist es jetzt, heraus zu finden, mit was wir uns gerne umgeben. Wo halten wir uns gerne auf? Mit welchen Menschen verbringen wir gerne Zeit? Wenn du dich danach besser fühlst als vorher, dann ist das ein Zeichen dafür, dass es für dich passt. Fokussiere dich darauf und du wirst nach und nach immer mehr davon in dein Leben ziehen. 

Menschen die unser Herz berühren. Tiere, denen wir die Aufmerksamkeit und Liebe schenken können, so wie uns danach verlangt. Natur, die wir so genießen können, wie wir uns ihr nahe fühlen, ob nun in Stille oder in Action. Das alles ist wichtig und das brauchen wir jetzt und in unserem zukünftigen Leben.

 

Bewegung

Total ausgelaugt kann auch ein 30-minütiger Spaziergang zum Kraftakt werden. Kaum vorstellbar war es für mich, dass ich früher einmal wirklich sehr sportlich unterwegs gewesen bin. Ich habe gelernt, egal wie viel geht, wichtig ist, dass man es macht. Wenn du 20 Minuten täglich spazieren gehen kannst, dann geh 20 Minuten spazieren. Nur mach es! Viel zu schnell ist man meinem Empfinden nach versucht, zu denken: „Die paar Minuten bringen eh nichts, da kann ich es gleich lassen.“ Doch so ist es nicht. Jede Minute ist entscheidend. Denn gerade Bewegung – vor allem in der Natur – ist jetzt so unheimlich wichtig, um unsere Psyche wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Heute kann mein Körper noch höheren Anforderungen standhalten als jemals zuvor.

Und plötzlich war alles anders. Ich bin zwar nicht mehr wie vorher. Ich bin anders. Doch all die Gefühle des Versagens und die Angst vor dem Leben sind verschwunden. Ich glaube, es ist nicht so, dass wir nach einem Burnout weniger leisten oder leben können. Wir können eben nur noch das tun, was wirklich zu uns passt. Und wenn wir uns darüber freuen und nicht dagegen ankämpfen, dann kann so ein Burnout auch druchaus seine Vorteile haben, wenn man das so sehen will.

Ich danke dir für‘s Lesen, für deine Zeit, dein Interesse und dein Vertrauen.

Alles Liebe,
Karoline

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